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01.07.2016

Fortsetzung: Heilmittelregresse in Baden-Württemberg?

Anfang Mai hatten wir Sie unter der Überschrift „Heilmittelregress in Baden-Württemberg? Angst der Ärzteschaft lebt neu auf!“ darüber informiert, dass Mitgliedspraxen über Verordnungsverweigerungen und Verordnungszurückhaltungen berichtet haben – stets mit dem Hinweis, dass die betreffenden Ärzte von einem „drohenden Regress“ sprachen. Wir haben Sie außerdem darüber unterrichtet, dass insbesondere viele Kinder-und Hausärzte ein Anschreiben der Bezirksprüfstelle, also der gemeinsamen Prüfeinrichtung der KV BaWü und der Krankenkassen, deren Aufgabe es ist, je Vertragsarzt die Einhaltung der Richtgröße zu prüfen, erhalten haben. In diesem Schreiben wurden sie darüber informiert, in dem zurückliegenden Jahr das individuelle Heilmittelbudget überschritten zu haben.

Der Hintergrund

Ende April diesen Jahres erhielten ca. 2.200 der Vertragsärzte in Baden-Württemberg ein Schreiben der Bezirksprüfstelle. In diesem Schreiben ging es um das individuelle Verordnungsverhalten im Jahr 2013: Die angeschriebenen Ärzte hatten in dem betreffenden Jahr mehr verordnet, als ihre arztgruppenspezifische Richtgröße es vorgegeben hatte. Der größte Teil dieser angeschriebenen Ärzte hatte seine Richtgröße um ein „unbedenkliches“ Volumen überschritten, da es unterhalb der 25-Prozent-Grenze lag, ab der ein Regress möglich ist. Der viel kleinere Teil lag oberhalb der 25-Prozent-Grenze.

Bei einer Überschreitung um mehr als 25 Prozent sieht das Gesetz jedoch auch noch keinen Regress vor. Nach §106 Abs. 5e SGB V müssen die betroffenen Ärzte gemäß dem Grundsatz „Beratung vor Regress“ bezüglich ihres Verordnungsverhaltens durch die KV BaWü beraten werden. Ein Regress kann dann bei künftigen Überschreitungen erstmals für einen Prüfzeitraum nach der Beratung festgelegt werden.

Abgesehen davon, dass sich die von den Bezirksprüfstellen kommunizierten Verordnungsvolumen auf Bruttozahlen beziehen (z.B. keine Praxisbesonderheiten berücksichtigt wurden und die Eigenanteile der Patienten noch herausgerechnet werden müssen), war das Kalenderjahr 2013 betroffen – ein Jahr, für das 2016 nach den gesetzlichen Vorgaben ein Regress gar nicht mehr möglich ist. Mit anderen Worten: Keiner der angeschrieben Ärzte wird einen Regress bekommen! Das Problem ist aber, dass die betreffenden Ärzte davon ausgehen, dass ihr Verordnungsvolumen auch 2014 und 2015 in der Größenordnung des Jahres 2013 oder sogar darüber lag und für 2014/2015 ein Richtgrößenregress nicht „verjährt“ wäre. Diese Sorge scheint bis heute die Motivation der betreffenden Ärzte zu sein, in diesem Jahr die Notbremse zu ziehen – und spürbar weniger zu verordnen.

Aktuelle Situation

Die von PHYSIO-DEUTSCHLAND geäußerte Sorge, dass sich die Angst der Ärzte vor einem Heilmittelregress ausbreiten könnte und dadurch das Verordnungsverhalten negativ beeinflusst wird, hat sich so leider bestätigt. Jedenfalls muss man dies aus den Rückmeldungen von Mitgliedspraxen feststellen, wonach es zu vereinzelten Verordnungseinschränkungen und Verordnungsverweigerungen kommt – örtlich/regional mal mehr oder mal weniger.

Nicht verhindern ließ sich auch, dass einzelne Ärzte - aus welcher Motivation auch immer - Schreiben herausgegeben haben, in denen mit schlicht falscher und unsinniger Begründung Patienten und Therapeuten gebeten wurden, Verständnis dafür zu haben, dass es künftig keine bzw. weniger Verordnungen gebe und/oder auf Eigenübungen verwiesen wird.

PHYSIO-DEUTSCHLAND ist im Gespräch mit der KV BaWü 

Vorstandsvorsitzender Michael N. Preibsch hat sich bereits frühzeitig nach den ersten Anfragen zu diesem Thema in unserer Geschäftsstelle mit dem KV-Vorsitzenden Dr. med. Norbert Metke in Verbindung gesetzt. Preibsch: „Ich habe den Eindruck, dass die KV BaWü hinsichtlich dieses Themas überaus sensibilisiert ist und nach meiner Einschätzung alles unternimmt, um einer sich abzeichnenden und völlig unangemessenen Reaktion der Ärzteschaft durch sachliche und korrekte Information zu begegnen.“

So bietet die KV Baden-Württemberg flächendeckend Schulungen in ganz Baden-Württemberg an, in denen Ärzte und deren Mitarbeiter sehr ausführlich und sachlich-rechtlich korrekt über Richtgrößen, Regress, Praxisbesonderheiten, Verordnungsmöglichkeiten etc. informiert werden.

Michael Preibsch hat selbst auf persönliche Einladung von Dr. Norbert Metke an so einer Veranstaltungen teilgenommen und berichtet: „In den Veranstaltungen wird in keiner Weise dazu aufgefordert weniger zu verordnen. Nur die Hinweise der Referenten, verstärkt auf Gruppenbehandlungen auszuweichen und keine Wärmetherapie mehr zu verordnen, sind für mich Anlass, ein kritisches Gespräch mit Herrn Dr. Metke zu suchen“, so Michael Preibsch über seine Erfahrungen in dieser Schulungsveranstaltung.

Eine Power-Point-Präsentation dieser Schulung soll auf der Homepage der KV BaWü im geschützten Bereich veröffentlicht werden. PHYSIO-DEUTSCHLAND wird sich dafür einsetzen, dass auch Physiotherapeuten Zugang zu dieser Präsentation bekommen. Denn ab 2017 sind für Ärzte, Therapeuten und Patienten vorteilhafte Änderungen in Bezug auf die Themen Langfristverordnungen (LHM) und Praxisbesonderheiten (BVB) geplant, die dort ebenfalls kommuniziert werden.

Was passiert jetzt?

Intern besprechen will die KV BaWü den Vorschlag von PHYSIO-DEUTSCHLAND, exklusiv auch für Physiotherapeuten eine solche Schulungsveranstaltung durchzuführen. In dieser Veranstaltung werden sich die KV-Referenten der sicherlich kritischen Diskussion der Physiotherapeuten stellen. Wir informieren selbstverständlich umgehend, wenn die KV BaWü diesem Vorschlag zustimmt.

PHYSIO-DEUTSCHLAND wird bei der KV BaWü ferner anregen, durch ein Schreiben an die Ärzteschaft die Irritationen, die durch die von der Bezirksprüfstelle versandten Schreiben ausgelöst wurden, zugunsten der Patienten zu versachlichen – um auch diejenigen Ärzte zu erreichen, die keine Schulung besuchen.

Wenn die KV BaWü richtig verstanden wird, besteht auch nach deren Überzeugung wirklich kein Anlass für eine bei den Ärzten um sich greifende „Panik“. Denn wie oben bereits beschrieben, hätten nur ganz wenige Ärzte nach den vom Gesetz vorzunehmenden Herausrechnungen – insbesondere wegen Zuzahlungsbeträgen und Praxisbesonderheiten – ihre Richtgröße im Kalenderjahr 2013 um mehr als 25 Prozent überschritten. Und auch für 2014 ist ganz offensichtlich nicht mit Regressen zu rechnen, da die KV BaWü plant, das Richtgrößenprüfverfahren grundsätzlich zu verändern.

Bitte weiterhin Rückmeldungen geben

„Bitte informieren Sie den Vorstand oder die Geschäftsstelle weiterhin umgehend über Ihre Erfahrungen bezüglich des Verordnungsverhaltens der Ärzteschaft – nur so sind wir in der Lage, zu überprüfen, ob die Schulungen und Information bei der Ärzteschaft fruchten und die eingangs beschriebenen Ärzte, die offenkundig „über das Ziel hinausschießen“, zu einem regulären Verordnungsverhalten zurückkehren“, so Vorstandsmitglied Michael Austrup. „Suchen Sie daher gezielt das Gespräch zu Ihren Ärzten und informieren Sie diese über die korrekte Sachlage, sollten diese fehlerhaft informieren oder übertriebene Verordnungszurückhaltung zeigen.“

Austrup weiter: „Nur so sind wir in der Lage, notfalls und im Rahmen unserer Möglichkeiten anderweitige Schritte zu unternehmen, um die Versorgung der Versicherten mit physiotherapeutischen Leistungen sicherzustellen.“