Long-COVID-Netzwerk: „Keimzelle für innovative Therapie- und Diagnostikkonzepte“
Je länger die Corona-Pandemie andauert, desto mehr Patient*innen sind von Long-COVID betroffen. Um dem komplexen Krankheitsbild entgegenzutreten und den Betroffenen schnelle und zielgerichtete Hilfe zu bieten, haben die niedergelassenen Ärzt*innen im Landkreis Ludwigsburg ein Long-COVID-Netzwerk gegründet. Im Interview lädt Joachim Kolb, Facharzt für Allgemeinmedizin und Gründungsmitglied des Netzwerks, Physiotherapeut*innen ein, sich zu beteiligen.
Herr Kolb, wozu wurde das Netzwerk ins Leben gerufen?
Joachim Kolb: Durch die Komplexität von Long-COVID sind von vornherein verschiedene Berufsgruppen bei der Diagnostik und Therapie beteiligt. Um dies zu koordinieren, braucht es vordefinierte Pfade. Über Netzwerke, in denen wir von den Erfahrungen untereinander profitieren und uns eng abstimmen, geht dies am schnellsten und einfachsten. Im Prinzip sehe ich das Long-COVID-Netzwerk Ludwigsburg daher als Keimzelle für innovative Therapie- und Diagnostikkonzepte.
Was sind Ihre bisherigen Erfahrungen mit dem Netzwerk?
J. K.: Das Netzwerk gibt es erst seit Januar 2022, aber schon im Aufbau hat sich gezeigt: Die Strukturen sind sehr hilfreich. Durch die Recherche habe ich eine bessere Übersicht, welche Einrichtungen was anbieten – auch in der Physiotherapie. Außerdem komme ich so in Kontakt mit anderen, die am gleichen Thema arbeiten, um Informationen und Erfahrungen auszutauschen.
Geplant ist, auch Fortbildungen und Veranstaltungen für Physiotherapeut*innen anzubieten, sodass das Netzwerk zusätzlich der Qualitätssicherung dient. Hier sind wir in engem Austausch mit dem Long-COVID Netzwerk Rhein-Neckar, das hierzu bereits Angebote macht.
Wie können sich Physiotherapeut*innen an dem Netzwerk beteiligen?
J. K.: Da es kein Register von Physiotherapeut*innen gibt, sind die bisher beteiligten unter anderem über unsere Anfragen bei Reha-Anbietern oder Mund-zu-Mund-Propaganda auf uns aufmerksam geworden. Die Grenzen des Netzwerks sind offen, jede*r Physiotherapeut*in im Landkreis kann sich beteiligen. Von Vorteil sind folgende Punkte:
Engagement für und Interesse am Thema Long-COVID
Bereitschaft, sich weiterzubilden
Angabe Erfahrungsstand Long-COVID:
Interesse, aber bisher keine/wenig Erfahrung
Bereits Erfahrung mit Post/Long-COVID-Patient*innen (z.B. aus dem Rehakontext)
Die Anmeldung zum Netzwerk ist per E-Mail an covid(at)praxen-lb.de möglich. Weitere Informationen finden Interessierte unter https://praxen-lb.de/.
Wie können Patient*innen die Angebote des Netzwerkes wahrnehmen?
J. K.: Das Netzwerk steht allen Patient*innen im Landkreis Ludwigsburg zur Verfügung, allerdings erfolgt der Zugang zu dem Angebot über die Hausärzt*innen. Auch physiotherapeutische Verordnungen und Spezifizierungen erhalten die Patient*innen in ihrer Hausarztpraxis.
Was würden Sie Physiotherapeut*innen in Bezug auf Long-COVID bzw. Long-COVID-Patient*innen gerne mitgeben?
Generell haben viele Long-COVID-Betroffene das Gefühl, dass sie nicht ernst genommen oder ihre Probleme nicht verstanden werden. Daher ist es wichtig, dies aufzufangen und zu signalisieren: Ich kann gegebenenfalls nicht alles lösen, aber werde mit meinem bisher angeeigneten Wissen mein Bestes dafür tun.
Außerdem ist die Kommunikation zwischen Physiotherapeut*innen und Hausärzt*innen in beide Richtungen sehr wichtig. Zum Beispiel wenn in der Behandlung der Patient*innen etwas auffällt oder eine andere Verordnung nötig ist. Das ist bei allen chronischen, komplexen Erkrankungen essenziell, aber bei Long-COVID ist Denken als Team nochmal wichtiger.
Vielen Dank für das Gespräch!
Weitere Infos
Allgemeine Informationen zu Long-COVID und Physiotherapie, hilfreiche Informationsquellen für Physiotherapeut*innen und Patient*innen sowie Verlinkungen zu Fortbildungen finden Sie auf unserer Themenseite zu Long-COVID.
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