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07.05.2020

Gibt es eine Maskenpflicht in der Physiotherapiepraxis?

Zum Thema „Gibt es eine Maskenpflicht in der Physiotherapiepraxis?“ erreichten uns in den letzten Tagen sehr viele Anfragen. Wir bitten Sie, die nachfolgenden Zeilen dazu zu lesen (Stand 07. Mai 2020).

 

Rechtliche Wahrheiten

1. Seit dem 27. April 2020 gilt in Baden-Württemberg eine Maskenpflicht.

Personen nach ihrem sechsten Geburtstag müssen

  • im öffentlichen Personennahverkehr, also zum Beispiel in U-Bahnen und Bussen sowie an Bahn- und Bussteigen

  • in Läden und Einkaufszentren

eine Alltagsmaske oder andere Mund-Nasen-Bedeckung tragen.

Diese Pflicht gilt nicht, wenn dies aus medizinischen oder sonstigen zwingenden Gründen unzumutbar ist, wenn es behinderungsbedingt nicht möglich ist.

Sie gilt auch nicht, wenn es einen anderen mindestens gleichwertigen baulichen Schutz gibt, etwa für Kassierer und Kassiererinnen, die hinter einer Plexiglasscheibe arbeiten.

 

2. Seit dem 04. Mai 2020 gelten in Baden-Württemberg für bestimmte weitere Branchen/ Einrichtungen Maskenpflichten. Danach gilt

  • Für Friseurbetriebe: Kundinnen und Kunden haben während des Aufenthaltes in der Fußpflegeeinrichtung eine Mund-Nasen-Bedeckung (MNB; sogenannte Alltagsmaske) zu tragen. Während der Tätigkeit an der Kundschaft müssen die Beschäftigten Medizinische Mund-Nasen-Schutzmasken (MNS, EN14683) tragen. Sofern MNS nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen, können sie ausnahmsweise durch MNB ersetzt werden.

  • Für medizinische und nichtmedizinische Fußpflegebetriebe: Kundinnen und Kunden haben während des Aufenthaltes in der Fußpflegeeinrichtung eine Mund-Nasen-Bedeckung (MNB; sogenannte Alltagsmaske) zu tragen. Während der Tätigkeit an der Kundschaft müssen die Beschäftigten Medizinische Mund-Nasen-Schutzmasken (MNS, EN14683) tragen. Sofern MNS nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen, können sie ausnahmsweise durch MNB ersetzt werden.

 

3. In einem ausführlichen Frage-Antwort-Katalog des Sozialministeriums BaWü werden folgende Fragen durch das Ministerium wie folgt beantwortet:

  • Muss man am Arbeitsplatz eine Maske tragen? Wenn ja, bei welchen Tätigkeiten/Berufen? Eine Maskenpflicht nach der Corona-Verordnung gibt es nur für Verkaufsräume von Ladengeschäften und allgemein in Einkaufszentren. Ungeachtet dessen ist zu empfehlen, Masken überall dort zu tragen, wo der Sicherheitsabstand von 1,5 Meter nicht eingehalten werden kann. Davon unberührt bleiben die Anforderungen des Arbeitsschutzes.           

  • Gibt es eine Maskenpflicht im Unterricht? Die ab dem 27. April in Baden-Württemberg geltende Maskenpflicht gilt nicht für Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler während des Unterrichts. Sollten Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte dennoch eine Alltagsmaske oder eine Mund-Nasen-Bedeckung verwenden wollen, so spricht nichts dagegen.

  • Gilt die Maskenpflicht auch beim Arztbesuch, etwa im Wartezimmer? Es ist sehr zu empfehlen auch im Wartezimmer eine Maske zu tragen, sofern der Mindestabstand zu anderen Patienten nicht sicher eingehalten werden kann. Eine Pflicht nach der Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg besteht jedoch nicht.

  • Gibt es gesundheitliche Ausnahmen und Ausnahmen für Menschen mit Behinderung? Wenn aus medizinischen Gründen keine Maske getragen werden kann, entfällt die Maskenpflicht. Sofern dies nicht offensichtlich ist, ist für spätere Kontrollen ein Nachweis erforderlich. Dies kann beispielsweise durch eine ärztliche Bestätigung erfolgen. Auch für Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung keine Masken auf- oder absetzen können, besteht keine Maskenpflicht. Auch schwerhörige oder gehörlose Menschen, die auf das Mundbild oder eine besonders deutliche Aussprache in der Kommunikation angewiesen sind sowie deren Begleitpersonen müssen keine Maske tragen.

Ergebnis: Die Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg hat nie vorgesehen und sieht bis heute in der Physiotherapiepraxis eine Maskenpflicht für Therapeut und/oder Patient nicht vor!

 

4. Stellungnahme der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst- und Wohlfahrtspflege (BGW)

Mit Schreiben vom 27. April 2020 und auf deren Webseite kommuniziert die BGW wie folgt:

"Wenn die Abstandsregel von 1,5m nicht eingehalten werden kann, ist das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes (sowohl vom Therapeuten als auch vom Patienten) verbindlich."

Und weiter:

"Bitte beachten Sie, dass bei allen therapeutischen Tätigkeiten im Kopf- bzw. Ausatembereich der Patienten aus präventiven Gründen die Verwendung einer höherwertigen Atemschutzmaske (FFP2 ohne Ausatemventil) dringend erforderlich ist."

Beachten Sie: Die BGW ist kein Gesetzgeber – rechtliche Bindungswirkung hat diese Einschätzung der BGW deshalb selbstverständlich nicht!

 

5. „SARS-CoV2 Arbeitsschutzstandard“

Am 16. April 2020 hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) wie folgt unter Ziffer 15 veröffentlicht:

"15. Mund-Nase-Schutz und Persönliche Schutzausrüstung (PSA)

Bei unvermeidbarem Kontakt zu anderen Personen bzw. nicht einhaltbaren Schutzabständen sollte Mund-Nase-Bedeckungen in besonders gefährdeten Arbeitsbereichen PSA zur Verfügung gestellt und getragen werden."

Beachten Sie auch insoweit: Abgesehen davon, dass es sich um eine Soll-Vorgabe und für „besonders gefährdete Arbeitsbereiche“ handelt – es handelt sich insoweit nicht um ein Gesetz oder eine Rechtsverordnung, entfaltet also auch keine Rechtswirkung.

 

Empfehlung(en)?

Empfehlungen gibt es viele – PHYSIO-DEUTSCHLAND hat diese längst und soweit diese von seriösen und fachkundigen Stellen artikuliert wurden/werden, online gestellt:

PHYSIO-DEUTSCHLAND Baden-Württemberg maßt sich nicht an, diese Empfehlungen zu bewerten und/oder auf der Grundlage dieser Empfehlungen den Praxen Handlungsanleitung zu geben.

Wir sind uns zudem sehr sicher, dass sich jede Praxis und jeder Therapeut der Verantwortung für die eigene Gesundheit und die Gesundheit der anvertrauten Patient*innen sehr bewusst ist und deshalb ganz individuell und professionell mit dem Thema „Maskenpflicht“ umgegangen wird.

Ein „richtig oder falsch“ scheint uns insoweit nicht gegeben zu sein.

„Widerruf gegen die Maskenpflicht“

Es gibt wohl einige Patient*innen, die in den Praxen den „Widerruf zur Maskenpflicht“ vorlegen und sich gegen das Tragen des Mundschutzes wehren wollen. Das kann man den Patient*innen nicht untersagen, allerdings müssen Sie diese Patient*innen nicht behandeln.

 

Abschließende Anmerkungen

Wie „verworren“ die Sach- und Rechtslage ist, mag Ihnen Folgendes veranschaulichen:

Mit Wirkung zum 04. Mai 2020 hat das Land Mecklenburg-Vorpommern in der dort gültigen Corona-Verordnung für Patienten ausdrücklich eine Maskenpflicht auch in Physiotherapiepraxen eingeführt.

Völlig anders das direkt neben Mecklenburg-Vorpommern liegende Bundesland Schleswig-Holstein mit Wirkung zum 29. April 2020. Räumlichkeiten der Gesundheits-/Heilberufe werden dort ausdrücklich von der grundsätzlich geltenden Maskenpflicht ausgenommen – mit der Begründung, dass dies wegen der „professionellen Praxisorganisation als nicht zwingend erforderlich angesehen wird“ und es zum anderen für Patienten aus medizinischen Gründen „nicht zumutbar sein könnte“.

Wir wissen, dass dieser Sachverhalt alles andere als einfach ist. Bei Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung (Telefon: 0711 92541-0, E-Mail: info(at)bw.physio-deutschland.de), auch wenn es auf vieles (leider) keine klare Aussage gibt.