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08.08.2018

Verkammerung: Gespräch mit dem Präsidenten der Bundespsychotherapeutenkammer

Mit vielen Fragen im Gepäck trafen sich Anfang August Michael Austrup, Vorstand im Landesverbandes Baden-Württemberg, und Jenny Dusche, Referentin für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit, mit Dr. Ernst Dietrich Munz, Präsident des Vorstands der Bundespsychotherapeutenkammer und Präsident der Landespsychotherapeutenkammer Baden-Württemberg. Der Grund des Treffens: Wir wollten wissen, welche Erfahrungen die Psychotherapeuten bei der Einführung ihrer Kammer gemacht haben und welche Vorteile und Nachteile in der Kammer gesehen werden.

Die Kammergründung der Psychotherapeuten liegt mittlerweile schon einige Jahre zurück und vollzog sich um das Jahr 2000 durchaus unterschiedlich in den jeweiligen Bundesländern. Auch viele Psychotherapeuten arbeiteten zu dieser Zeit im Delegationsverfahren durch die Ärzte. Die damalige Neufassung des Psychotherapeutengesetztes brachte es mit sich, dass sich für die Berufsgruppe vieles zum Positiven ändern konnte. Obwohl noch längst nicht alle Bundesländer eigene Landeskammern gegründet hatten, kam es bereits zur Gründung der Bundespsychotherapeutenkammer.

Selbstverständlich muss klar sein, dass die Situation der Psychotherapeuten vor 18 Jahren nicht mit der der Physiotherapeuten im Jahr 2018 vergleichbar ist. Durch das Psychologiestudium waren die Berufsangehörigen bereits durchgängig akademisiert. Vergleichbar ist vielleicht, dass die Psychotherapeuten damals so wie die Physiotherapeuten heute nach mehr Eigenständigkeit und mehr Professionalität strebten. Insofern gibt es durchaus Parallelen

„Was hat die Kammer der Berufsgruppe für Vorteile gebracht?“

Dr. Munz hebt vor allem hervor, dass die politische Durchsetzungskraft der Berufsgruppe durch die Kammer stark gewachsen ist. Die Landes- und die Bundespsychotherapeutenkammer müssen in allen berufsständischen Fragen gehört werden und sprechen mit einem deutlich gewichtigeren Wort als ein Berufsverband. Die Kammern sind erster Ansprechpartner für alle Akteure, wenn es um die Belange der Psychotherapeuten in den Ländern und im Bund geht. Seit Einführung der Kammer gibt es außerdem eine bessere Diskussionskultur innerhalb der Berufsgruppe. Strittige Punkte unter den Psychotherapeuten werden innerhalb der Kammer diskutiert; an die Öffentlichkeit geht man als Einheit. Wichtig ist hierbei, dass die Kammer alle Berufsangehörige, also auch die Interessen kleinerer Gruppen, berücksichtigt.

„Wie ist Ihre Kammer organisiert?“

Hierzu macht das Heilberufekammergesetz klare Vorgaben, so Dr. Munz. Die Kammer sollte in ihrer Ausrichtung immer darauf achten, dass sie die Partikularinteressen der Berufsgruppe in diversen Ausschüssen abbildet, sodass sich alle Berufsangehörigen durch die Kammer vertreten fühlen.

„Wie verlief damals der Abstimmungsprozess innerhalb der Berufsgruppe?“

Alle Berufsverbände der Psychotherapeuten waren für die Einführung einer Kammer, da deutlich die Vorteile gesehen wurden. Die Psychotherapeuten haben bis heute eine Vielzahl von Verbänden, die die unterschiedlichen Interessen innerhalb der Berufsgruppe auch innerhalb der Kammer vertreten. Die Verbände nehmen also eine wichtige Funktion ein. Zum Beispiel würden sie für die Physiotherapeuten nach wie vor die Preise mit den Kostenträgern verhandeln.

Das Gespräch mit Herrn Munz hat Mut gemacht, das Thema Kammer auch für die Physiotherapie noch intensiver als zuvor anzugehen. Noch stellt sich für uns die Situation anders dar. Der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Physiotherapeuten ist im vollen Gange. Es gibt viele kritische Stimmen, Ängste und Befürchtungen. Die oft geäußerte Sorge der Verbände bei Kammergründung eigene Mitglieder zu verlieren wurde von Dr. Munz für die Psychotherapeuten widerlegt.

Die wichtigste Aufgabe der nächsten Monate wird sein, unsere Berufsangehörige von den Vorteilen einer Berufskammer zu überzeugen. Hierfür werden in unterschiedlichen Bundesländern Veranstaltungen organisiert, um genau diesem Ziel näherzukommen. Wir wollen informieren und vor allem mit Ihnen diskutieren. Parallel dazu werden wir weiter unsere Vorstellungen in die Landespolitik hineintragen, denn die Kammergründung ist Ländersache und deshalb müssen wir auch dort für Mehrheiten werben.