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07.05.2018

Talk am See: Klares Votum für Therapeutenkammer

Am 25. April fand in Freiburg zum fünften Mal der Talk am See statt. Unter dem Motto „Quo vadis Physiotherapie? - Qualitätssicherung - Kommunikation auf Augenhöhe - Neue Strukturen“ diskutierten die geladenen Gäste und rund 180 Zuschauer Möglichkeiten der physiotherapeutischen Selbstverwaltung.

In ihrer Eröffnungsrede warf die Regiogruppensprecherin und Organisatorin des „Talk am See“ Sabine Kanzler-Soiné drei Fragen auf, die sich wie ein roter Faden durch die Vorträge und Diskussionen des ganzen Abends zogen: Brauchen wir Physiotherapeuten nicht schon längst eine Institution, die sich um einen zeitgemäße Ausbildung kümmert? Brauchen wir nicht eine Instanz, die mit Ärztekammern, Krankenhausgesellschaften und GKV-Spitzenverbänden auf Augenhöhe kommuniziert und unsere Interessen vertritt? Und brauchen wir nicht eine Einrichtung, die verlässliche Behandlungsqualität gewährleistet, damit Patienten auf Physiotherapeuten treffen, die nach dem heutigen Wissensstand entsprechend behandeln können und dürfen?

Talkrunde

Unter der Moderation von Kristin Haub (SWR) diskutierten dann Hannah Krappmann, Vorstandsmitglied von PHYSIO-DEUTSCHLAND, Dr. Paula Hezler-Rusch, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Vizepräsidentin der Bezirksärztekammer, Prof. Dr. Volker Maihack, Professor für Gesundheitsmanagement und Therapiewissenschaften an der Hochschule für Gesundheit in Karlsruhe, Gabi Rolland, SPD-Landtagsabgeordnete und Mitglied im Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst und  Florian Sandeck, stellvertretender Geschäftsführer der Gesundheitsschulen Südwest (GSSW) und Leiter des Studienzentrums Freiburg der HFU Furtwangen/Freiburg.

Traumjob wird zur Fließbandarbeit

Hannah Krappmann stellt die Situation der jungen Physiotherapeuten dar: Es fehlen die Perspektiven und es gibt keine einheitlich geregelten Ausbildungsinhalte. Die jungen Therapeuten, die nicht wie ein Drittel ihrer Mitschüler bereits vor Ausbildungsende das Handtuch schmeißen, werden dann oftmals bei ihrer ersten Anstellung desillusioniert.  Ausgebremst durch den Heilmittelkatalog, wird die Umsetzung des Erlernten weder inhaltlich noch zeitlich möglich - der Traumjob wird zur Fließbandarbeit.

Abwanderung in andere Bereiche wird zum Problem

Prof. Dr. Robert Richter, Professor für Bewegungstherapie an der Hochschule Furtwangen, erläutert in einem kurzen Fachbeitrag die Versorgungssituation der Physiotherapie in Deutschland. Es wird deutlich, dass es theoretisch genügend Physiotherapeuten gäbe. Der bestehende Fachkräftemangel resultiert vor allem aus der Abwanderung aus dem Beruf nach der Ausbildung, wobei hier besonders auch die sogenannten „intrinsischen“ Faktoren, wie zum Beispiel Arbeitszufriedenheit, eine Rolle spielen.

Mehr Kompetenzen für die Therapieberufe

Prof. Dr. Volker Maihack sieht eine Lösung aus dem Dilemma vor allem darin, dass man den Physiotherapeuten mehr Kompetenzen zugestehen sollte. Die Politik ist in seinen Augen dazu angehalten, dies durch neue Strukturen zu ermöglichen.  Die Akademisierung wäre dazu ein wichtiger Wegbereiter, ebenso der Direktzugang.

Verkammerung als Lösung?

In einem weiteren Fachbeitrag erläutert Michael Austrup die Möglichkeiten, die der Berufsstand durch die Verkammerung hätte.  Eine Kammer wäre für die Ausbildungsinhalte ebenso zuständig, wie für die Vergabe von Fortbildungspunkten. Sie wäre die physiotherapeutische Selbstverwaltung und könnte so die Interessen der Physiotherapeuten bestmöglich vertreten. Austrup macht deutlich, dass nur auf Grundlage einer breiten Zustimmung der Therapeuten, die Kammer Gründungschancen hätte. Deswegen gilt es, für diese Möglichkeit zu werben. Auch Gabi Rolland findet, dass eine Kammer eine gute Lösung wäre, und schlägt eine Anhörung für Physiotherapeuten zu diesem Thema im Landtag vor.

Votum für die Kammer

Bei der am Ende der Veranstaltung durchgeführten Befragung aller Anwesenden wird deutlich: Die Physiotherapeuten sehen bereits heute großes Potenzial in der Verkammerung – einstimmig wurde für eine Physiotherapeutenkammer gestimmt. Aus dem Publikum kam deshalb die Frage: Was sind die nächsten Schritte? Michael Austrup: „Wir werden verstärkt Werbung für die Gründung einer Kammer machen und freuen uns über die Anhörung durch Frau Rolland.“