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06.12.2018

Spahn konkret: Wie viel mehr Geld gibt es zukünftig für Physiotherapeuten?

Gestern Morgen stellte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn in einer Pressekonferenz die Einzelheiten seiner Vorschläge für die Heilmittelbranche vor, die zeitgleich mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) am 01. April 2019 in Kraft treten sollen. Aber was bringen die neuen gesetzlichen Regelungen konkret für die Praxen, Angestellten, Schüler und Studierenden? PHYSIO-DEUTSCHLAND geht dieser Frage auf den Grund. Deshalb werden wir in den nächsten Tagen detailliert einzelne Punkte des kommenden Gesetzes kommentieren. Zum Start unserer Artikelserie hat Geschäftsführer Thorsten Vogtländer den Punkt Vergütung genauer analysiert.


PHYSIO-DEUTSCHLAND: Herr Vogtländer, die Vergütungen sollen ab dem nächsten Jahr bundesweit verhandelt werden. Dazu sollen nun bereits zum 01. April 2019 alle Preise auf den höchsten Preis, der zu diesem Stichtag bundesweit von den Berufsverbänden verhandelt wurde, angehoben werden. Können Sie uns kurz durch die Zahlen führen?

Thorsten Vogtländer:
„Zunächst einmal begrüßen wir sehr, dass der Minister beschlossen hat, die Anpassung der Vergütungen an die Bundeshöchstpreise auf den 01. April 2019 vorzuziehen. Das bedeutet für viele Bundesländer eine zeitnahe und spürbare Gebührenerhöhung. Mit dem Vorziehen werden auch die sich anschließenden Gebühren- und Rahmenvertragsverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband zeitlich vorgezogen. Die nächste Anpassung der Vergütung kann damit, eine Einigung mit dem GKV-Spitzenverband vorausgesetzt, bereits zum 01. Januar 2020 erfolgen. Aber kommen wir zu den Details: Nach aktuellem Stand wird die Vergütungsvereinbarung mit den BKKen, IKKen und der Knappschaft in Baden-Württemberg die Grundlage für die Anpassung der Vergütungen auf den Bundeshöchstpreis sein. In der dortigen Vereinbarung wird zum Beispiel die Abrechnungsposition „Allgemeine Krankengymnastik“ ab dem 01. Januar 2019 mit 21,07 Euro bepreist. Dadurch wäre sie zum Stichtag 01. April 2019 die höchste Vergütung für die Position KG und damit der neue Bundeshöchstpreis, vorausgesetzt, es wird in noch ausstehenden Verhandlungen kein noch höherer Preis erzielt. Den größten Vergütungssprung machen dabei natürlich unsere Kollegen und Kolleginnen in den neuen Bundesländern, aber das ist auch längst überfällig. Auch für die Therapeuten in Baden-Württemberg, Bayern, oder Nordrhein-Westfalen, deren Preise insgesamt schon deutlich höher lagen, ergibt sich ein Vorteil. Denn in Baden-Württemberg zahlen nur die BKKen, IKK und die Knappschaft den Preis von 21,07 Euro, bei der AOK hingegen wird die KG zum Stichtag 01. April 2019 nur mit 19,33 Euro vergütet. Durch die Vereinheitlichung gilt für alle KG-Behandlungen deutschlandweit ab dem 01. April 19 der einheitliche Preis von 21,07 Euro. Das ist deutlich früher, als in den einzelnen Ländern sonst eine Anhebung erfolgt wäre.“

PHYSIO-DEUTSCHLAND: Die Preisvereinheitlichung ist also ein erster Schritt in die richtige Richtung. Aber schon jetzt wird diskutiert, ob diese Anhebungen ausreichen, wie geht es weiter nach der Vereinheitlichung?

Thorsten Vogtländer: „Im nächsten Schritt verhandeln wir mit dem GKV-Spitzenverband die Vergütungen und den Rahmenvertrag neu. Dabei wird jede Vergütungsposition und jede Vertragsregelung auf den Prüfstand gestellt. Im Rahmen der Gebührenverhandlungen wird mit dem TSVG gesetzlich neu geregelt, dass die Vertragspartner zu beachten haben, dass die ausgehandelten Preise eine leistungsgerechte und wirtschaftliche Versorgung ermöglichen. Dass PHYSIO-DEUTSCHLAND auf der einen Seite und der GKV-Spitzenverband auf der anderen Seite unterschiedlicher Auffassung sein werden, wie diese Begrifflichkeiten auszulegen sind, liegt auf der Hand. Der Minister hat aber klar geregelt, dass die Verhandlungen spätestens zum 01. Januar 2020 abgeschlossen sein müssen. Auch die Neuregelung, dass eine Schiedsentscheidung, sofern die Schiedsstelle nicht innerhalb von 3 Monaten zu einem Ergebnis kommt, rückwirkend gilt, wird uns den Rücken stärken. Wir sind daher auch zuversichtlich, dass wir mit Wirkung ab dem 1. Januar 2020 angemessene Preise vereinbaren werden können, die die Patientenversorgung weiter sichert und den Therapieberuf endlich wieder attraktiv macht.“


PHYSIO-DEUTSCHLAND:
Was ist Ihr Fazit zu dem Gesetzesvorschlag in puncto Vergütung?

Thorsten Vogtländer: „Viele der Regelungen, die jetzt im Gesetzentwurf stehen, entsprechen unseren Forderungen, die wir im Vorfeld des Treffens mit dem Minister am 13. September 18 erhoben haben - nachzulesen im Antwortschreiben des Spitzenverbandes der Heilmittelverbände auf den Fragenkatalog des Ministers. Für uns ist das ein wichtiges Signal, denn es zeigt, dass das Bundesministerium für Gesundheit die Anregungen, Hinweise und Vorschläge der Verbände sehr ernst nimmt und in seine Überlegungen einfließen lässt. Das ist im politischen Alltagsgeschäft nicht immer selbstverständlich, spricht aber für unsere Arbeit. Deshalb bewerten wir die Veränderungen in Bezug auf die Vergütung erstmal sehr positiv. Bundeseinheitliche Preise und eine gestärkte Verhandlungsposition sind eine gute Basis für die zukünftigen Verhandlungen!“

In unserer Infografik finden Sie eine erste Übersicht über die möglichen Vergütungen für die gängigsten Verordnungspositionen ab dem 01. April 2019. Sie können die Grafik hier downloaden. Morgen kommentiert unsere Vorsitzende Andrea Rädlein für Sie die Vorschläge zum Thema Blankoverordnung.