Mitgliederversammlung 2022: Von A wie Akademisierung bis Z wie Zeitdauer der Behandlung

Ein berufspolitisch sowie fachlich abwechslungsreicher Mittwochnachmittag im sonnendurchfluteten kleinen Kursaal in Stuttgart-Bad Cannstatt – das war die diesjährige Mitgliederversammlung des Landesverbands am 21. September 2022 von 15 bis 20 Uhr. Neben den Formalia gab es viel Raum für Rückfragen, Diskussion und Austausch.

Berufspolitisch viel in Bewegung

Den ersten Programmpunkt bildete das berufspolitische Update der Vorstände mit einem Ein- und Überblick zu den laufenden Verhandlungen. „Alle im Raum sind sich wahrscheinlich einig, dass es richtig war, das nicht-akzeptable Angebot des GKV-Spitzenverbands abzulehnen“, so die Vorsitzende Hannah Hecker zu den kürzlich abgebrochenen Vergütungsverhandlungen auf Bundesebene. Nun wird die Schiedsstelle entscheiden. Zu einem weiteren Thema auf Bundesebene, der Blankoverordnung, finden bis Ende des Jahres noch Verhandlungstermine statt. Zur Schulgeldfreiheit auf Landesebene konnte schon ein kleiner Erfolg verzeichnet werden: 40 Euro Schulgeldbonus pro Monat/Schüler*in im Jahr 2022. Hierzu Hannah Hecker: „Wir lassen nicht locker. Es geht jetzt um die Verhandlungen zum Doppelhaushalt 2023/2024 und die Gelder für die komplette Schulgeldfreiheit“.

Ein Schwerpunktthema: Akademisierung

„Akademisierung war in diesem Jahr ein großes Thema, zum einen durch die bundesweite Kampagne #zusammenTun und zum anderen sind wir schon seit Jahren mit dem Land im Gespräch, um mehr primärqualifizierende Physiotherapie-Studienplätze zu erreichen und so den Beruf attraktiver zu gestalten“, so Vorstand Michael Austrup. Insgesamt gibt es aus dem Bundesgesundheitsministerium sehr positive Signale, dass die Akademisierung der Physiotherapie kommen wird. Voraussichtlich für Sommer 2023 wird ein Referentenentwurf für die Reform der Berufsgesetze erwartet.

Service pur: After Work Lecture, Fortbildungen und Kooperationspartner

Vorstand Dr. Claus Beyerlein stellte die Aktivitäten des Landesverbands in Bezug auf Wissenschaft, Evidenz und das neue Fortbildungsangebot 2023 vor. So ist beispielsweise die monatliche After Work Lecture ein stark nachgefragtes Erfolgsformat. Zu bewährtem kommt neuer Service für die Mitglieder hinzu: Neu können sie bei den vier bundesweiten Kooperationspartnern corporate benefits, Schupp, Stolzenberg und CarFleet24 bares Geld sparen. Schupp sowie Noventi unterstützen die Mitgliederversammlung dankenswerterweise als Sponsoren.

Beschlussfassung und weitere Formalia

Für den formalen Teil der Mitgliederversammlung übernahm Ursula Cüppers-Böhle, Bundesgeschäftsführerin von PHYSIO-DEUTSCHLAND, die Sitzungsleitung. Traditionell nimmt ein*e Vertreter*in des Bundesverbands an der Mitgliederversammlung des Landesverbands teil, wodurch auch Mitgliederfragen zu Bundesthemen detailliert adressiert werden können. Nach der Aussprache über den Rechenschaftsbericht wurden die Vorstände von der Mitgliederversammlung entlastet. Es folgte der Beschluss, die Mitgliedsbeiträge weiterhin gleich zu belassen. Außerdem wurde der neuen Entschädigungsrichtlinie zugestimmt. Diese war zuletzt 2006 angepasst worden und wurde nun in einigen Punkten an die gestiegene Vergütung in den Praxen angeglichen. Die Änderungen gelten ab dem 01. Januar 2023. Auch der Jahresabschluss 2021 sowie der Haushaltsplan 2022 wurden von der Mitgliederversammlung genehmigt.

Zeit für Fragen, Diskussionen und Gespräche

Ein großer Teil der Veranstaltung widmete sich den Fragen und Anmerkungen der Teilnehmenden, die sie mit den Vorständen, der Bundesgeschäftsführerin sowie miteinander diskutierten. Dabei kam eine große Bandbreite an Anliegen zur Sprache, wie zum Beispiel die Ausgestaltung der Akademisierung und die Potenziale privater Hochschulen hierbei, der Fragenkatalog zur Novellierung der Berufsgesetze, die Umsetzbarkeit der Blankoverordnung, die Zusatzverdienstmöglichkeiten von Praxen sowie das Energiekostenthema.

After Work Lecture Spezial

Vor dem entspannten Ausklang bei Häppchen und Getränken erwartete die Teilnehmenden noch ein Novum: Die erste After Work Lecture in Präsenz! Dr. Claus Beyerlein referierte über „‘Mythos Evidenz‘ – Wie kommt die Evidenz in die Praxis?“ Anhand verschiedener Beispiele, wie z.B. nicht-spezifischer Kreuzschmerz, zeigte er, wie Leitlinien konkrete, evidenzbasierte Behandlungsempfehlungen vorgeben. Außerdem empfahl er einige Quellen für evidenzbasierte Physiotherapie, wie die Evidence goes Practice-Flyerreihe von PHYSIO-DEUTSCHLAND, die medizinische Datenbank Cochrane sowie das Cochrane-Update der pt Zeitschrift für Physiotherapie, die Datenbank PEDro und die weiteren Termine der After Work Lecture. Sein Fazit: „Die Antwort ist: Die Arbeitswerkzeuge sind da, wir müssen sie nur nutzen. Denn die gute Nachricht: Man kann evidenzbasierte Physiotherapie lernen.“

Diskussion, Austausch und neue Impulse für die kommende Verbandsarbeit, aber auch die Arbeit in den Praxen, Kliniken und (Hoch-)Schulen waren zentral bei dieser Mitgliederversammlung. „Ich danke allen, die sich an der Mitgliederversammlung beteiligt haben! Und ich wünsche mir, dass noch mehr Physiotherapeut*innen sich in den Verbänden engagieren, denn mehr Mitglieder bedeuten mehr Gewicht in den Verhandlungen und somit bessere Ergebnisse für die Physiotherapie“, fasst Hannah Hecker zusammen.