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26.01.2023

Kommunikation im Praxisalltag – Nachbericht zum Treffpunkt Wissenschaft vom 23. Januar 2023

Am vergangenen Montag fand zum ersten Mal im Jahr 2023 der Treffpunkt Wissenschaft von PHYSIO-DEUTSCHLAND statt. Mit dem Thema „Kommunikation im Praxisalltag“ hatten sich Heiko Dahl und Alexander Stirner ein interessantes Thema ausgesucht, zu dem neben Stefan Hegenscheidt von der Physio Akademie auch die Kommunikationsexpertinnen Sabine Stumper und Ute Steinhoff eingeladen waren.

Kommunikation als Kompetenz innerhalb der Medizin

Schnell war sich die Runde einig, dass Kommunikation als eigene Kompetenz innerhalb der Medizin und Physiotherapie gesehen werden muss. „Das gesprochene Wort ersetzt so manche Pille“ konstatierte Sabine Stumper. Doch aufgrund der fehlenden Befundposition erwarten Patientinnen und Patienten, dass in der ersten Behandlungseinheit nicht nur gesprochen, sondern direkt behandelt wird. Dieser Druck ist besonders für jüngere Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten schwer auszuhalten und mit einer guten Anamnese zu vereinbaren. Zur Fortbildung innerhalb von Praxen bietet es sich daher an, mit Rollenspielen, Supervision oder Videoaufnahmen fortlaufend Gesprächssituationen zu üben. Ute Steinhoff betont, wie wichtig dabei eine vertrauensvolle Atmosphäre ist, die Möglichkeit zum Ausprobieren schafft. Bei der Auswertung sollte außerdem nicht nur die Kommunikationsweise des Behandlers sondern auch die des Patienten im Fokus stehen. So kann man im Rahmen einer kollegialen Beratung auch den Umgang mit schwierigen Patientinnen und Patienten ausprobieren.

Dialogisches Vorgehen erleichtert das Verständnis zwischen Behandler und Patient

Gerade im Hinblick auf die Konkretisierung von Diagnosen hält Stefan Hegenscheidt es für wichtig, die physiotherapeutische Brille auch immer einmal abzusetzen. Dabei ist eine innere Haltung der Offenheit und Bescheidenheit entscheidend, ergänzt Sabine Stumper. Denn nur so wird es möglich, Zwischentöne zu hören und sich nicht vorschnell auf einen Behandlungsablauf zu fixieren. Eine gute Möglichkeit hierfür bietet ein dialogisches Vorgehen mit gezieltem Nachfragen und Paraphrasieren, erklärt Ute Steinhoff. Durch Sätze wie „Habe ich Sie richtig verstanden?“, „Meinen Sie diesen Schmerz?“ oder ein gemeinsames Ausfüllen der Dokumentation können Missverständnisse vermieden und die Patientinnen und Patienten aktiv zu Mitarbeit angeregt werden.

Bei Kündigung oder Rente ist gutes Wissensmanagement gefragt

Das Wissensmanagement innerhalb einer Praxis, etwa nach der Kündigung von Mitarbeitenden, ist das zweite große Thema der Runde. „Jeder Mitarbeiter nimmt Wissen mit, das nicht auf der Karteikarte steht“, beschreibt Heiko Dahl die Erfahrungen aus seiner eigenen Praxistätigkeit. Sabine Stumper und Ute Steinhoff sind sich einig, dass die Leistung der ausscheidenden Mitarbeitenden schnellstmöglich transparent gemacht werden muss und zwar solange diese noch im Unternehmen sind! Denn nur so besteht von beiden Seiten die Bereitschaft, das Wissen zu teilen und beispielsweise Patientenübergaben aktiv zu unterstützen. Ute Steinhoff beschreibt ihre Rolle als Praxisinhaberin dabei als Moderatorin, die den Austausch zwischen alten und neuen Mitarbeitenden herstellt, es aber vermeidet, Patienten einfach ungefragt aufzuteilen.  

Stefan Hegenscheidt bringt es zum Abschluss nochmal auf den Punkt: „Kommunikation muss ebenso geübt werden, wie eine Schulteruntersuchung.“ Denn auch bei der Kommunikation gibt es theoretische Grundlagen und hilfreiche Methoden, die ein entsprechendes Training erfordern. Das Angebot an Fortbildungen, die sich ausschließlich der Kommunikation widmen, ist jedoch derzeit noch gering. Dennoch sind sich alle einig, dass das Thema in den nächsten Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnen wird.