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20.01.2020

Der Vertragsarzt, die KVBW und die behandelnde Praxis

Immer wieder wird die Verbandsgeschäftsstelle von Mitgliedspraxen darüber informiert, dass ein Vertragsarzt sich gegenüber dem Patienten oder der Physiotherapiepraxis unter Berufung auf (angebliche) Auskünfte der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) weigert, Rezeptkorrekturen vorzunehmen. PHYSIO-DEUTSCHLAND Baden-Württemberg verweist daher auf die aktuellen FAQ der KVBW – hier die wahren Antworten auf zentrale Fragestellungen.

 

Die Heilmittel-Verordnung ist unvollständig/unkorrekt ausgefüllt. Kann die ausstellende Praxis den Verordnungsvordruck auf Anfrage des Therapeuten nachträglich abändern?

Ja. Die ausstellende Praxis muss darauf achten, dass alle Pflichtfelder ordnungsgemäß ausgefüllt sind. Ist/sind eine (oder mehrere) Angabe(n) unvollständig, sollte die Praxis vor Beginn der Therapie die Verordnung ändern oder ergänzen (der Therapeut hat die Verordnung vor Beginn der Behandlung auf Vollständigkeit und formale Korrektheit zu prüfen).

 

Ein Patient hat bei gleicher Diagnose von einem anderen Arzt ein Heilmittel-Rezept erhalten und möchte von Ihnen ein weiteres Rezept. Handelt es sich in dem Fall um eine Erstverordnung?

Nein. Die „Zählung“ erfolgt immer patientenbezogen, das heißt unabhängig davon, ob mehrere Ärzte für die gleiche Diagnose Verordnungen ausgestellt haben. Hierzu lässt sich allgemein sagen, dass der Patient beim Arztbesuch – aus formalen wie auch aus medizinischen Gründen – gefragt werden sollte, ob er für die gleiche Diagnose Heilmittel von einem anderen Arzt verordnet bekommen hat. Wenn sich dies nicht zweifelsfrei im Gespräch mit dem Patienten eruieren lässt, dann sind Sie nicht verpflichtet, detektivische Nachforschungen anzustellen. Das heißt im Zweifelsfall können Sie „Ihre” erste Verordnung für den Patienten als Erstverordnung ausstellen.

Wenn jedoch der Therapeut bei dem Patienten eine formal nicht zulässige Anhäufung z. B. von Erstverordnungen zur gleichen Diagnose feststellt, wird er Sie um eine Rezeptänderung (von Erst- z. B. auf Folgeverordnung) bitten, der Sie in dem Fall nachkommen können, ohne dass dies für Sie negative Konsequenzen hat.

 

Wie ist die Vorgehensweise, wenn z. B. bei EX2 die Verordnungsmenge des Regelfalls ausgeschöpft ist? Ist der Wechsel zu EX3 möglich? Kann EX2 außerhalb des Regelfalls verordnet werden?

Ja, der Wechsel zu EX3 ist möglich.

Ja, EX2 kann außerhalb des Regelfalls verordnet werden.

Nach Ausschöpfung des Regelfalls ist ein Wechsel von EX2 auf EX3 nicht zwingend. Bei gleichbleibender Indikation, aber (im jeweiligen Einzelfall) schwerem/verzögertem Heilungsverlauf ist laut Heilmittelkatalog auch bei EX2 eine Verordnung außerhalb des Regelfalls möglich.

Bei Korrektur der Erstdiagnose (z. B. zunächst nicht als „komplexe“ Gelenkschädigung erkannte Knieverletzung) ist jedoch auch ein Wechsel des Indikationsschlüssels von EX2 auf EX3 möglich.

 

Ein Patient benötigt wegen zwei unterschiedlichen Diagnosen (z. B. LWS-Syndrom und Gonarthrose) eine Heilmittel-Verordnung. Können die notwendigen Heilmittel auf einem Rezept verordnet werden?

Nein. Da es sich um zwei Diagnosen handelt, liegen zwei Regelfälle vor. Pro Regelfall ist jeweils eine separate Heilmittel-Verordnung auszustellen. Dies gilt sowohl bei Erkrankungen aus unterschiedlichen Diagnosegruppen (wie im angegebenen Beispiel) als auch bei voneinander unabhängigen Erkrankungen derselben Diagnosegruppe.

 

Kann die Verordnung im Nachhinein geändert werden, wenn Leistungen vom Therapeuten erbracht worden sind, die aber nicht vom Arzt verordnet worden waren?

Nein. Der Therapeut hat sich an die korrekt ausgestellte Heilmittel-Verordnung zu halten. Hat der Therapeut andere Leistungen erbracht oder abgerechnet (z. B. Hausbesuch, obwohl nicht vom Arzt verordnet/Abrechnung von Einzeltherapie, obwohl Gruppentherapie verordnet/anderes Heilmittel erbracht als das vom Arzt verordnete), sollte die Praxis im Nachhinein weder ein neues Rezept ausstellen noch das alte abändern.

Hat der Therapeut nicht die Möglichkeit, der angegebenen Verordnung nachzukommen, muss er den Patienten darüber in Kenntnis setzen und ihn gegebenenfalls an einen anderen Therapeuten verweisen.

 

Fazit

Sollten Sie mit der Situation konfrontiert sein, dass der Vertragsarzt eine Auffassung vertritt, die der Heilmittelrichtline widerspricht – zitieren Sie diesem Vertragsarzt doch einfach die offizielle Auffassung der KVBW. Die kompletten FAQ Heilmittel der KVBW können Sie hier aufrufen.