"Blood Flow Restriction Training" – noch nie davon gehört?
Am 16. Mai 2023 lieferte das physiotherapeutische Quartett von PHYSIO-DEUTSCHLAND interessierten Kolleginnen und Kollegen physiotherapeutisches Wissen rund um das Thema Blood Flow Restriktion Training - kurz und kompakt. Eine Stunde, ein Thema, verschiedene Perspektiven und aktuelle wissenschaftliche Informationen.
Mitglieder von PHYSIO-DEUTSCHLAND hatten dann im Anschluss noch exklusiv die Möglichkeit, Fragen an die Expertenrunde zu stellen!
Moderiert wurde der Abend von:
Heiko Dahl, PT, MSc, OMT, Geschäftsführer der Physio-Akademie gGmbH und Leiter des Kurszentrums Wremen sowie
Alexander Stirner, Physiotherapeut und Berufspädagoge.
Die eingeladenen Experten waren:
Prof. Dr. med. Gunnar Leivseth, Physiotherapeut und Facharzt für physikalische Medizin und Rehabilitation
Stefan Hegenscheidt, PT, MSc, OMT
Sven Mensen, PT, MSc, OMT und Rehabilitationstrainer beim SV Werder Bremen
Stefan Liebsch, PT, MSc, OMT und Referent der Physio-Akademie für "Blood Flow Restriction Training“.
Was ist Blood Flow Restriction?
Wörtlich übersetzt bedeutet Blood Flow Restriction (BFR) "Blutflusseinschränkungstraining". Man schränkt mit einer Manschette, ähnlich einer Blutdruckmanschette, den Blutfluss in und aus einer Extremität kontrolliert ein. Während man diese Manschette trägt, übt man auf verschiedene Art und Weise mit dem eigenen Körper oder mit zusätzlichen Geräten. Das Interessante ist, dass man nur leichte Gewichte benötigt und trotzdem nachgewiesene Effekte erzielt, die dem Training mit sehr schweren Gewichten gleichkommen oder sogar bessere Ergebnisse erzielen.
Alter Wein in neuen Schläuchen?
Stefan Hegenscheidt schilderte, dass das Thema neu erscheint, aber es bereits seit den 60er Jahren Literatur dazu gibt.
Okklusionstraining oder Blood Flow Restriction Training bezeichnet das bewusst gesteuerte Abbinden von Extremitäten während des Trainings. Das Okklusionstraining wurde in Japan von einem Mann namens Yoshiaki Sato erfunden, wo es als KAATSU (japan. "zusätzlicher Druck") bekannt ist. Sato erkannte das Potenzial, als er 25 Jahre alt war. Nachdem er sich bei einer Skifahrverletzung den Knöchel gebrochen hatte, für die er sechs Monate Regeneration gebraucht hätte, wurde Sato mit Okklusionstraining in nur sechs Wochen wieder vollständig gesund.
Selbstversuch
Beim Flossing wird ein bestimmtes Körperareal mit einem speziellen Gummiband abgeschnürt, beim Blood Flow Restriction Training wird mit Manschetten gearbeitet. Das Prinzip ist dasselbe - es werden alle fließenden Ströme im Zielbereich unterbrochen. Das bedeutet, dass die Blutzufuhr auf ein Minimum begrenzt wird. Stefan Liebsch schilderte seine Selbstversuche mit verschiedenen Materialien, nachdem er vor einigen Jahren in einem Artikel auf das Blood Flow Restriction Training aufmerksam geworden ist. Für ihn ist es wichtig, genau zu wissen, wie es sich anfühlt, um anschließend besser auf die Patientinnen und Patienten eingehen und sie präzise anleiten zu können.
Spitzensport oder Physiotherapiepraxis?
Was mehrheitlich im Spitzensport genutzt wird, hat durchaus auch Erfolg bei Patientinnen und Patienten. Wobei sich die Experten einig waren, dass es auch Menschen gibt, für die diese Art des Trainings nicht empfehlenswert ist wie für Personen, die bereits einen zu hohen Blutdruck haben oder wenn Blutgerinnungsstörungen (Koagulopathien) vorliegen.
Anwendung
Sven Mensen, der Rehabilitationstrainer beim SV Werder Bremen ist, hat nicht nur bei Fußballern gute Erfahrungen mit Blood Flow Restriction Training gemacht. Aus seiner Sicht eignet sich diese Methode gut bei Kreuzbandproblemen und Verletzungen der Kniegelenke. Auch zur Schmerzlinderung kann es eingesetzt werden.
Prof. Dr. med. Gunnar Leivseth fasste die aktuelle Wissenslage so zusammen: "Ein normales Training ist besser als das Blood Flow Restriction Training. Kontraindikationen sind allerdings auch nicht bekannt. Das viel größere Problem stellt jedoch die Inaktivität dar. Dann schon lieber Okklusionstraining als gar kein Training."
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