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30.01.2017

Neue Verordnungssoftware – Probleme bei der Einführung

Seit dem 1. Januar 2017 soll eine Software dafür sorgen, dass Fehler von Ärzten bei der Ausstellung einer Verordnung automatisch verhindert werden. Die Hoffnung: Auf diese Weise würde das leidige Thema der Rezeptprüfung durch die Physiotherapeuten endlich ad acto gelegt werden können. Jedoch: Seit der Einführung der Arztsoftware häufen sich die Probleme – die Software funktioniert in vielen Fällen nicht so wie erhofft, im Gegenteil: vorher nie dagewesene Fehler sind jetzt gegeben.

Die Softwareentwickler hatten lange Zeit, sich mit den  wirklich überschaubaren Vorgaben der Heilmittelrichtlinien und des Heilmittelkataloges zu beschäftigen und diese in eine sichere Verordnungssoftware umzusetzen.  Nun scheint es leider so, als sei die Fehlerquote dieser neuen Software noch größer, als es der pessimistischste Physiotherapeut erwartet hätte.

Neue Software – neue Fehler

Kaum nutzen die Vertragsärzte die zertifizierte Verordnungssoftware, schon werden die ersten Fehlprogrammierungen sichtbar – mit der Folge, dass die nutzende Vertragsärzteschaft die Auffassung vertritt, dass bestimmte Dinge „eben nicht mehr gehen“.

1.  Die Frequenzangabe

Die Software eines bestimmten (Achtung: zertifizierten!) Softwareherstellers lässt anstatt flexibler Frequenzvorgaben (wie z.B. ein- bis dreimal wöchentlich), nur starre Frequenzvorgaben (einmal wöchentlich, zweimal wöchentlich etc.) zu.

Wie kommt es dazu? Entweder wurde in dem uns berichteten Fall durch den Vertragsarzt übersehen, dass die durch die Heilmittel-Stammdatei vorgebende Angabe veränderbar ist oder die Software wurde tatsächlich falsch programmiert. Der verordnende Arzt sollte daher zunächst darauf hingewiesen werden, dass die durch die Heilmittel-Stammdatei vorgebende Angabe von z.B. einmal wöchentlich manuell auf ein- bis zweimal wöchentlich geändert werden kann. Sollte die Software die Möglichkeit der Änderung tatsächlich nicht vorsehen, wäre der betroffene Softwareanbieter darüber schnellstmöglich zu informieren (gerne auch unter Hinweis auf dieses Rundschreiben), damit der Programmierfehler schnell behoben werden kann.

2. Spezifizierung des Heilmittels

Im Rahmen der Umsetzung der neuen Praxisverwaltungssoftware für die Verordnung von Heilmitteln wird uns aktuell berichtet, dass es die Software von bestimmten Softwareanbietern nicht mehr zulässt, das zu verordnende Heilmittel zu spezifizieren (z.B. KG-ZNS Bobath, Wärmetherapie - Fango, KG im Bewegungsbad). Außerdem melden uns Praxen, dass mit der neuen Arztsoftware keine KG Doppelbehandlung mehr verordnet werden könne. 

Wie kommt es dazu? Entweder wurde in dem uns berichteten Fall seitens des verordnenden Arztes übersehen, dass die Spezifizierung des Heilmittels (dazu zählt auch Doppelbehandlung) über das Freitextfeld zu erfolgen hat oder die Software wurde tatsächlich falsch programmiert. Der verordnende Arzt sollte daher zunächst darauf hingewiesen werden, dass die Spezifizierung nicht über eine spezielle Auswahlfunktion, sondern über das Freitextfeld zu erfolgen hat. Sollte die Software die Möglichkeit der Eingabe eines Freitextes an dieser Stelle tatsächlich nicht vorsehen, wäre der betroffene Softwareanbieter darüber schnellstmöglich zu informieren (gerne auch unter Hinweis auf dieses Rundschreiben), damit der Programmierfehler schnell behoben werden kann.

3. 2 ICD-Schlüssel = 2 vorrangige Heilmittel

Die Software eines Herstellers lässt offenkundig zu, dass eine VO mit zwei ICD10-Schlüsseln die Verordnung von „KG“ und „KG-ZNS“ zulässt.

Auch das ist natürlich nicht erlaubt und dürfte bei einer geprüften Software nicht passieren.

4. Nur Erstverordnung geht

Aus Sachsen wird auffallend häufig berichtet, dass die Ärzte nur noch Erst-Verordnungen ausstellen können, auch bei Patienten die seit langer Zeit ohne Therapiepause behandelt wurden.

Wie kommt es dazu? Auch hier wurde die Software ganz offensichtlich falsch programmiert.

PHYSIO-DEUTSCHLAND bemüht sich um eine schnelle Problemlösung

Angesichts der verschiedenen Hinweise zu möglicherweise fehlerhaft programmierten Praxisverwaltungsprogrammen haben wir am vergangen Donnerstag bereits den GKV-Spitzenverband über die Situation informiert. Laut telefonischer Auskunft vom vergangenen Freitag steht der GKV-Spitzenverband bereits im engen Kontakt zur KBV. GKV-Spitzenverband und KBV sind also über alle Probleme informiert und verschaffen sich gerade einen Überblick darüber, wie es zu den Fehlern kommen konnte.

Ergänzung vom 27.01.2017

PHYSIO-DEUTSCHLAND hat den GKV-Spitzenverband am 23.01.2017 aufgefordert, die Krankenkassen anzuhalten bei der Rechnungsprüfung zu berücksichtigen, dass derzeit verstärkt auftretende Fehler, wie zum Beispiel die Nichteinhaltung starrer Frequenzvorgaben oder die Angabe falscher Verordnungsarten, nicht von den Therapeuten zu verantworten, sondern auf die fehlerhafte Verwaltungssoftware zurück zu führen sind. Der GKV-Spitzenverband hat uns telefonisch darüber informiert, dass er das Gespräch mit den Kassen sucht und um Lösungsvorschläge bemüht ist. Er wird uns möglicherweise bereits nächste Woche entsprechend antworten.

Informieren Sie uns überhin weiter über auftretende Fehler der Verordnungssoftware

„Melden Sie uns umgehend, wenn auch Sie Verordnungen erhalten, die so einfach nicht stimmen können oder von Ärzten mitgeteilt bekommen, Verordnungen könnten nicht mehr wie bisher ausgestellt werden“, bittet Michael N. Preibsch, Vorsitzender von PHYSIO-DEUTSCHLAND Baden-Württemberg auf.

Sollten Ihnen einzelne Fehler bekannt werden, bitten wir Sie, uns

  • die Fehlerbeschreibung

  • den Namen der Software/des Softwareanbieters und

  • nach Möglichkeit den Namen/Adresse der entsprechenden Arztpraxis

mitzuteilen.

Wir werden dann von uns aus die entsprechenden Softwareanbieter anschreiben und diesen über entsprechende Probleme informieren, damit diese schnellstmöglich behoben werden können.